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Warten auf die Geburt – der Endspurt

Spontangeburt trotz Herzfehler?

Ich hatte immer den Traum von einer komplikationslosen, natürlichen, spontanen Geburt. Andere wünschen sich vielleicht einen Kaiserschnitt, aber ich bin ne echte Bangbüx, was Narkosen, Betäubungen, OPs etc. angeht und deshalb war das für mich nie die erste Wahl.

In der ersten Schwangerschaft habe ich spontan entbunden. Zumindest sagt das mein Mutterpass. Aber ist es wirklich spontan, wenn die Geburt eingeleitet wird, weil die Fruchtblase gerissen ist? Hmmm… vielleicht Spontangeburt mit Anschubsen…

Aber wie ist es, wenn das Ungeborene einen Herzfehler hat? Eine Geburt bedeutet für das Ungeborene ja immer auch Stress. Glücklicherweise versicherten mir alle Ärzte, dass wir auf jeden Fall eine Spontangeburt in Angriff nehmen können, sollte es kritisch werden, z.B. weil die Herztöne auffällig werden, würde man aber nicht lang fackeln und auf einen Kaiserschnitt umschwenken. Na gut, das ist eine Aussage, mit der wir arbeiten können 😉

Einleitung mit Ankündigung

Stichtag für den kleinen Löwen war der 07. Mai. Ich mochte das Datum direkt. Aber mir war von vornherein bewusst, dass wir diesen Termin wahrscheinlich nicht erreichen würde. Ist Diabetes im Spiel, dann hat man immer auch ein bisschen Sorge, dass die optimale Versorgung durch die Plazenta nach 40 Wochen nicht mehr gegeben ist, das Kind dadurch unterversorgt ist oder gar schlimmeres passiert.

Deshalb wollte die Ärztin gern bei 39+0 einleiten. Das wäre bei uns der 30. April gewesen. Ein Sonntag vor einem Feiertag. So richtig glücklich war ich damit nicht. Wahrscheinlich ist es im Krankenhaus ähnlich wie in allen anderen Büros, Firmen etc. So stellte ich es mir jedenfalls vor. Alle wollen ein langes Wochenende und nur eine Art „Notbesetzung“ ist vor Ort. Wahrscheinlich ist das im Krankenhaus gar nicht so, aber irgendwie beunruhigte mich das. Was, wenn nach der Geburt wirklich schneller Handlungsbedarf nötig sein sollte? Sind dann die „richtigen“ Spezialisten da?

Glücklicherweise erledigte sich das Thema von ganz allein, denn als ich am Sonntagmorgen im Krankenhaus anrief, war so viel zu tun, dass die Ärztin vorschlug, wenn es mir entsprechend gut ginge, die Einleitung auf den 03. Mai zu verschieben – falls es nicht vorher schon losgehen sollte.

Die letzten Tage vor Tag G(EBURT)

Wir hatten die große Schwester lange darauf vorbereitet, um die Geburt herum Urlaub bei Oma und Opa zu machen. Sie wurde bereits am Wochenende abgeholt und ich fühlte mich richtig allein. Also richtigrichtig allein. Unsere Krabbe war das allerallererste Mal über Nacht weg. Obwohl ich wusste, dass sie in den allerbesten Händen war, Oma und Opa uns Bilder schickten und wir sehen konnten, wie viel Spaß sie hatte, war ich unendlich traurig. Dazu die Angst um den Tiger. Das Warten auf die Geburt. Das Warten auf die Ungewissheit.

Und auch alle anderen Gedanken und Sorgen wurden in den „letzten“ Tagen noch einmal viel intensiver. Geht alles gut? Wird er die Geburt gut überstehen? Bleibt es dabei, dass er nicht operiert werden muss? Oder wartet in den nächsten Tagen doch ein großer Eingriff? Hat er vielleicht doch noch mehr Überraschungen in seinem Rucksack versteckt? Und immer wieder auch: Wird er leben? Die Angst, dass er die Geburt nicht überleben könnte, war überwältigend. Keine Ahnung, woher das kam, aber diese Angst war so intensiv. Ich weiß nicht, wie viele Tränen ich vergossen habe. Manchmal musste ich mich fast übergeben. 

Die Angst hat phasenweise die Kontrolle übernommen. Ich hab mich selbst ein bisschen verloren. Wo war die fröhliche, lustige Melanie? Bisher hatte das Leben es (nicht immer, aber doch überwiegend) gut mit mir gemeint, natürlich gab es auch mal Sorgen oder Probleme, aber eigentlich war das Leben leicht. Lustig, Fröhlich. Aufregend. Spaßig. Und jetzt? Jetzt war ich lieber allein mit mir und meinen Gedanken. Und genauso depressiv wie es klingt war es auch. Nicht 24 Stunden am Tag, nicht jeden Tag. Solange die Große um mich herum war, konnte ich mich zusammenreißen. Aber immer wieder überrollte mich die Angst.

Kein Bonding?

Besonders traurig machte mich der Gedanke, dass die Möglichkeit bestand, unser Baby nach der Geburt nicht halten zu dürfen. Schon früh wurde uns gesagt, dass wir damit rechnen müssen, dass der kleine Tiger direkt nach der Geburt zu den Ärzten gebracht und intensiv durchgecheckt wird. Was ja auch das allerwichtigste ist. Neben einem Kinderarzt würde auch ein Kinderkardiologe da sein. Und trotzdem hat mich der Gedanke daran zerrissen. Man wünscht sich schließlich nichts mehr, als sein kleines Glück endlich, endlich in den Armen zu halten. Die ersten Atemzüge zu hören, die Gesichtszüge zu erkennen, sich in die Augen zu verlieben und die kleinen Finger zu berühren. Den Zauber der ersten Minuten, Stunden genießen, die so einzigartig und besonders sind.

Die Vorstellung, dass wir in seinen ersten Minuten nicht für ihn da sein können und er, statt sich auf meiner Brust zu erholen, frierend durch die Flure getragen und in der Kälte von Fremden untersucht wird, tat unglaublich weh. Denn so hab ich es mir vorgestellt: Ein kleines, nacktes, verklebtes Baby auf einem Wickeltisch, das unter einer kleinen Wärmelampe lauter kalte Geräte an und auf den Körper gedrückt bekommt. Keine Liebe, keine Küsse, keine Wärme, kein Körperkontakt, keine bekannten Stimmen, kein Trost. Dafür grelles Licht, Gepiepse, Stimmenwirrwarr…will man das für sein Kind? Nein. Aber man will das Beste für seine Gesundheit.

Kinderherzintensivstation

Auch zu wissen, dass wir mindestens die erste Nacht getrennt verbringen müssen, war furchtbar. Jetzt kann man sagen, stell Dich nicht so an, das kann man alles aufholen, es gibt Familien, die es viel härter trifft, die Wochen oder sogar Monate getrennt sind. Und ja, das ist viel härter, viel schlimmer. Es gibt viele wesentlich bedrohlichere Zustände. Und trotzdem war ich unglaublich traurig.  Ich wollte nicht getrennt sein. Ich fand es unfair. 

Die erste Nacht mit unsere Tochter war so unglaublich schön. Sie lag in meinem Arm und ich bestaunte die kleinen Finger, den kleinen Mund, die langen Wimpern. Sie kuschelte sich intuitiv an mich und es hätte 1000 perfekte Momente gegeben, die Zeit einfach anzuhalten. Ich habe viel um diese verlorenen Momente geweint. Es tat so weh, genau diese Momente wahrscheinlich nicht zu haben. Dieses Mal würde es anders werden. Mein Baby gehört doch zu mir! Und zwar mehr als Baby jemals zu Johnny gehören würde… doof!

Dazu hatte ich irgendwie auch Angst vor der Kinderherzintensivstation. Ich hatte Angst vor dem, was uns dort erwarten könnte oder würde. Angst davor, andere Schicksale zu sehen. Babys, Kleinkinder, Schmerzen, Leid, und im schlimmsten Fall den Kampf ums Leben. 

KEINE EILE

Der kleine Tiger ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und ließ auf sich warten. Bis Mittwoch blieb alles ruhig. Morgens riefen wir im Krankenhaus an. Es war immer noch viel los, weshalb wir erst am Nachmittag kommen sollten. War mir ganz recht. Es gibt da so eine Sache zwischen mir und den Zahlen. Manche mag ich mehr und manche eben nicht. Die 3 gehört zu letzteren.  Alles vom 04.  bis zum 07. Mai gefiel mir besser. Jajajaja, natürlich wäre es mir egal gewesen und wir sind auch nicht bei „Wünsch Dir was“, aber solche Gedanken kommen eben automatisch. Je später wir also eintreffen sollten, desto größer war die Chance, dass der Tiger nicht mehr am 3. auf die Welt kommen würde.  Letztes Mal hatte es von der ersten Tablette bis zur Geburt etwa 11 Stunden gedauert, beim zweiten Kind geht es ja oft etwas schneller… also je später am Nachmittag die Einleitung beginnen würde, desto besser…;)

Am Nachmittag machten wir uns also auf den Weg ins UKE mit großer Aufregung und noch größerer Vorfreude auf unseren kleinen Löwen.



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