Für Kleine. Für Große. Fürs Herz.

Ärzte-Abo inklusive: zwischen Diagnose und Geburt

Ärzte-Abo – kostenlos und ohne Vertragsabschluss

Mit der Diagnose Herzfehler schließt man automatisch ein Gynäkologe-Pränatalzentrum-Krankenhaus-Abo ab. Gefühlt im 2-Wochen-Takt gab es nun irgendwo einen Termin, eine Vorstellung, ein Gespräch, eine Kontrolle. Und irgendwie bedeutete jeder Termin auch immer ein bisschen Angst vor möglichen neuen Entdeckungen. Schließlich hatte es uns schon einmal völlig unerwartet getroffen.

Unsere betreuende Ärztin im Pränatalzentrum war super engagiert. Direkt nach den Feiertagen und ihrem Urlaub hat sie uns einen gemeinsamen Termin mit der Kinderkardiologin aus dem UKE organisiert: Frau Dr. Gottschalk, eine absolute Koryphäe auf dem Gebiet der Kinderherzen. Unser Chirurg erklärte uns später, dass diese Kollegin mit nahezu 100%iger Sicherheit die richtigen Diagnosen stelle.

Diese wunderbare, ruhige Kardiologin erklärte uns, was uns bis zur Geburt alles bevorstehe, wie die Geburt verlaufen könne, welche möglichen Szenarien nach der Geburt eintreten können und versuchte, alle unsere Fragen zu beantworten. Doch leider blieben einige Fragen offen, weil erst mit der Geburt das wahre Ausmaß des Herzfehlers richtig zu beurteilen ist.

Am Ende des Gesprächs schallte auch sie noch einmal und kam zum gleichen Ergebnis wie die Pränatalmedizinerin vor drei Wochen. Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollte ich mich zur Geburtsanmeldung im UKE vorstellen.

Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle

Meine Geburtsanmeldung in der ersten Schwangerschaft war relativ schnell abgehandelt. Gespräch mit der Hebamme, Ultraschall durch einen Arzt – das war’s. Dieses Mal gab es zusätzlich ein Gespräch mit einem Kinderarzt der Neointensivstation, einer Oberärztin und dem ärztlichen Direktor des Zentrums für Geburtshilfe. Alle waren unglaublich empathisch, nahmen sich Zeit, erklärten und beantworteten alle Fragen, die ich mitgebracht hatte.Tatsächlich fühlte ich mich wesentlich besser aufgenommen als bei der ersten Geburt. Man ist mehr Mensch und weniger Nummer. 

Auch der dritte Ultraschall durch einen dritten Arzt bestätigte die Diagnose, immerhin keine neuen Auffälligkeiten. Nur eine Sache machte Sorgen: Das Gewicht. Schon letztes Mal lag er nur auf der 32. Perzentile, dieses Mal sogar nur auf der 10. Perzentile…aaaah….

Ratterratterratter…nach allem, was ich gelesen hatte, wusste ich, dass „defekte“ Herzen oft mehr Energie benötigen, um den Körper optimal zu versorgen. Sofort stieg die Angst, dass das Herz jetzt schon so viel arbeiten muss, dass der kleine Körper sich nicht mehr optimal entwickeln kann. Aber die Ärztin versuchte, direkt zu beruhigen und verwies darauf, dass es sich immer nur um Schätzungen handelt… 15-20% Abweichungen seien durchaus drin. Und trotzdem verunsichert es einen als Eltern noch mehr…

Nur NOch 4 Wochen!

Die nächsten Untersuchungen verliefen weiter unauffällig. Gynäkologin, Pränatalzentrum und das UKE wechselten sich ab. Immerhin konnten wir so regelmäßig den kleinen Zwerg sehen.

Einen besonderen Termin gab es vier Wochen vor ET noch mal. Neben der normalen Kontrolle im UKE stand der erste Termin in der kinderkardiologischen Ambulanz an. Schon im Wartezimmer merkte ich, wie kleine Hitzewellen durch meinen Körper fuhren und der Kreislauf ein bisschen schwächelte. Es warteten weitere Kinder und Babys da – und es war klar, dass es sich hier nur um Herzchen handelte. Süße, kleine Herzchen, denen man nichts ansah. So sah er also aus, unser neuer „Club“. Ein Club, dem eigentlich niemand angehören sollte. Irgendwie gab es Hoffnung, irgendwie machte es Angst.

Die Untersuchung und das Gespräch liefen sehr gut. Alles wirkte sehr professionell. Medizinisch fühlten wir uns sehr gut aufgehoben, die Untersuchungsapparate wirkten modern. Aber die gesamte Station? Zurück in die 80er. Aber abgewohnte 80er. Die Betten, die Tische, die sanitären Einrichtungen. Alles wirkte total abgenutzt! Und der Knaller: die eierschalen-dunkelroten Wände!

Ist das wirklich die richtige Klinik?

Und auf einmal waren wir total verunsichert! Ist hier alles auf dem neuesten, besten Stand? Hätten wir uns nicht doch noch andere Kliniken anschauen sollen, um wirklich das ALLERBESTE für unseren Sohn zu wählen? Sollten wir uns vielleicht jetzt doch noch, vier Wochen vor ET, in Kiel vorstellen, die laut Webseite Spezialisten für Fallot sind? Habe ich vielleicht einen Fehler gemacht? Nur, weil ich mich gut aufgehoben gefühlt habe, mich für eine Klinik zu entscheiden? Aber jetzt waren wir im UKE voll „eingecheckt“, alle Gespräche waren geführt, alle Informationen hinterlegt, alle beteiligten Stationen waren eingeweiht. Mein Gewissen ließ mich die nächsten Nächte nicht schlafen…

Letztendlich vertraute ich meinem Bauch und meinem Herzen. Alle Ärzte, mit denen wir gesprochen hatten, machten einen unglaublich kompetenten Eindruck. Alles wirkte sehr aufeinander abgestimmt, der Informationsaustausch klappte und auch die Erfahrungen, die ich mir von anderen Herzfamilien in verschiedenen Facebook-Gruppen und Foren angelesen habe, waren überwiegend positiv. Und mal ehrlich: einzelne, negative Erfahrungen gab es fast zu jeder Klinik.

Zudem beruhigten wir uns damit, dass in einem halben Jahr in etwa das neue Kinder-UKE eröffnet werden sollte. Wir würden damit zwar direkt nach der Geburt auf die alte Station müssen, aber mit Glück, wenn der kleine Tiger keine OP nach Geburt und erst einen Eingriff im Alter von 4-6 Monaten bräuchte, würden wir vielleicht schon in der neuen Klinik untergebracht werden. Also ließen wir alles beim Alten.

Mini-Proband

Richtig spannend wurde es noch mal drei Wochen vor ET, denn unsere Oberärztin hatte uns angeboten, an einer Studie teilzunehmen. Mithilfe eines MRT wollte man versuchen, noch genauere Aufnahmen des Kindes, seiner Organe und ganz besonders seines Herzens zu erhalten. Der Versuchsaufbau kämpfte noch mit Kinderkrankheiten, aber nach vielen, vielen Versuchen gab es einige, gelungene Aufnahmen. Und jipppiiiie! Sie bestärkten die Vermutung, dass der kleine Löwe die OP nach der Geburt wahrscheinlich nicht benötigen wird und erst mit 4-6 Monaten der große Eingriff folgen wird. Es gab natürlich keine Garantie, aber alles, was man bis jetzt in die Waagschale werfen konnte, machte uns Hoffnung!

Vor dem ET gab es nun nur noch einen geplanten Kontrolltermin Ende April, bevor man, sollte sich bis dahin nichts getan haben, am 30. April einleiten wollte…



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